BABY JAIL
Es war die Reunion des Jahres 2012: Baby Jail – 1994 aufgelöst – waren endlich wieder auf der Bühne zu sehen. Alte und neue Fans pilgerten gleichermassen an die Konzerte, um die legendäre Band von damals live zu erleben. Sie wurden nicht enttäuscht, denn Baby Jail sind auch im etwas fortgeschritteneren Alter noch immer Garant für einen höchst unterhaltsamen Abend. Schnell wurde klar, dass es um mehr geht als eine blosse Nostalgie-Show zum zwanzigjährigen Jubiläum des Hits „Tubel Trophy“. Die Band ist auch heute immer für eine Überraschung gut. Neue Klänge und Ideen wurden zu Liedern, die sich prima ins Programm einfügten und beim Publikum genauso Anklang fanden wie die alten Heuler. Das neue Album „Grüsse aus dem Grab“ präsentiert ausschliesslich neues Material, Ausnahme ist die Pärchenhymne „Jede Tag“ von 1988, die allerdings musikalisch völlig anders daherkommt. Neben den von Boni Koller getexteten Liedern gibt es auch zwei Coverversionen: „Schwein“ (Ideal 1981) sowie das traditionelle „Big Rock Candy Mountain“ das nun deutsch „Punkparadies“ heisst. „Grüsse aus dem Grab“ ist die logische Fortsetzung der Doppel-CD „Auf Wiedersehen“ von 2003, auf dem die Highlights von 1987 bis 1994 sowie ein Livekonzert zu hören sind. Man könnte sagen, Baby Jail knüpfen dort an, wo sie 1994 aufgehört haben, allerdings ohne verstaubt zu klingen. Als wären sie nie weg gewesen...
DAS ALBUM
Wie der Titel schon erahnen lässt, bietet „Grüsse aus dem Grab“ einen bunten Strauss von Liebesliedern: zum Beispiel an das künftige Zürcher Trendquartier „Schwamedinge“, den Gothic-Jünger von nebenan („Sensenmann“), oder eine Lichtgestalt der Gastronomie („Schöne Kellnerin“). Eher gemischte Gefühle werden angesprochen, wenn es um den idealen Chef („Grawatte“) oder die Kraft positiven Denkens („Ländlerworkshop“) geht. Eindeutig auf die niederen Instinkte zielen „Muss bezahlen“ und „Get on the truck“, aber ganz emotionslos ist nicht einmal der Schlager „Kühl“, auch wenn er gerade das behauptet. „Zemäntfabrik“ (bereits 2012 als Single erschienen) ist der freundliche Blick auf eine Zukunft, die manche von uns erwartet: die Demenzabteilung als letzte Station. Womit sich der Kreis schliesst, denn aus dem Laufgitter (Baby Jail) sind wir alle einmal aufgebrochen...
FRÜHER
Baby Jail verstanden sich ursprünglich als Punkband, waren aber auch oft und gerne auf unterhaltsamen Nebengeleisen unterwegs. Neben englisch und hochdeutsch gesungenen Rocksongs hatten sie Spottlieder in Mundart im Programm, die sie mit damals ungewohnten Instrumenten wie Handorgel und Blockflöte vortrugen. Und lange bevor es in Mode kam, zwangen Baby Jail ihrem Publikum zwischendurch sogar Coverversionen von schrecklichen deutschen Schlagern auf. Dass die Band deswegen kaum in eine Schublade passte, war zwar nicht gerade verkaufsfördernd für ihre Alben, machte sie aber umso einzigartiger auf der Bühne. Die Konzerte von Baby Jail waren legendär, schweisstreibende Parties, an denen Publikum und Band sich gegenseitig alles abverlangten.1992 setzte sich der Refrain „Es isch emal en Tubel gsi“ setzte sich in den Köpfen der Nation fest, und Baby Jail waren über Nacht vom Geheimtipp zur Hitband geworden. Der Hitparadenerfolg von „Tubel Trophy“ kam allerdings nicht völlig überraschend, hatten Baby Jail doch schon seit 1987 immer wieder Lieder veröffentlicht, die für eine stetig wachsende Fangemeinde zu Hymnen wurden. Baby Jail existierten etwas über acht Jahre, von den Anfängen Ende 1985 bis zur Auflösung im Frühling 1994. In dieser Zeit gab es einige Personalwechsel: der Schlagzeuger und die Saxofonistin der Urbesetzung setzten sich für längere Zeit insAusland ab und wurden von neuen Leuten abgelöst, in späteren Formationen wurde das Saxofon endgültig durch eine Leadgitarre ersetzt. Der Kern von Baby Jail bildeten über all die Jahre Boni Koller (Gitarre, Texte, Gesang) und Bice Aeberli (Bass, Handorgel, Gesang).
LINE UP 2014
Bice Aeberli (nach der Auflösung von Baby Jail u.a. bei Girlgroup, Admiral James T., Guz und die Averells) und Boni Koller (u.a. Allschwil Posse und Schtärneföifi) lehnten jahrelang alle Anfragen für Revival-Konzerte ab. Im Sommer 2012 hatten sie endlich ein Einsehen und formierten Baby Jail neu.
In der aktuellen Formation werden Boni und Bice verstärkt von Aad Hollander (u.a. Ex, Happysad, Trio From Hell) und Nico Feer (Slartybartfast, Kabel, Papst & Abstinenzler, u.a.).