Julie Fahrer: ‚expecting‘ live at the bird‘s eye jazz club
Der erste Tonträger unter eigenem Namen – aber was für einer! Julie Fahrer stand im Frühling 2016 so natürlich und selbstverständlich auf der Bühne des Basler Jazzclubs bird's eye wie sie auch singt. Mit einer wohltuend abwechslungsreichen Mischung aus swingender, balladesker, und groovender Musik, mit ihren Songs und neuen Klängen fesselte die 30-Jährige zusammen mit ihrem so jungen wie international besetzten, wunderbar harmonierenden Quintett das Publikum. Der entspannt wirkende Auftritt war im besten Sinn unterhaltend. Jazz? Selbstverständlich – aber auch mehr. Sieben Titel dieses Auftritts liegen nun als Extended Play vor.
Julies Lieder sind keine billig schreienden musikalischen Botschaften. Vielmehr hören wir feine und feinste Geschichten, zarte, fast zerbrechliche und sich in Nuancen entwickelnde instrumentale Geflechte, deren Sog und Rhythmen uns mitreissen. Oft setzt Julie ihre Stimme wie ein Instrument ein, ohne jegliche Hektik und nicht effektheischend, klar und hell und zuweilen lautmalerisch, wie ein einziges ruhiges Ein- und Ausatmen. Manchmal steht sie auch im Vordergrund oder ist, besonders spannend, im Dialog mit Trompete oder Klavier zu hören, immer jedoch geht es gleichzeitig auch um das spannende Miteinander im ausgewogenen Bandsound: swingend, groovend, aber auch in stillen und tiefen Gewässern. Mit sicherer Intonation, mit sparsamen, aber dezidierten Bewegungen bringt Julie ihre Musik auf der Bühne zum Klingen: Genau so klar und direkt, so knisternd und gefühlvoll, so einnehmend hört sich an, was nun als Tondokument klingt.
Die Doppelbürgerin Julie Fahrer ist in Dänemark geboren, spricht Berndeutsch und dänisch und kommt mit einem Schweizer Vater und einer dänischen Mutter, Drummer und Sängerin, aus einem prägenden Elternhaus. Sie hat in Basel bei Lisette Spinnler studiert, bezeichnenderweise aber auch bei den Instrumentalisten Domenic Landolf, Bänz Oester, Malcolm Braff, Guillermo Klein, Larry Grenadier und Jorge Rossy. Mit letzterem, Multiinstrumentalist und während zehn Jahren Drummer im Trio Brad Mehldaus, arbeitete Julie ein halbes Jahr intensiv in Barcelona, wo sie auch an ihren Kompositionen schrieb und feilte. Ihre Bandmitglieder aus Frankreich, Deutschland und Österreich hat sie am Jazzcampus kennengelernt und ausgewählt: Der Berner Pianist Sebastian Hirsig, mit dem Julie auch im Duo arbeitet, ist der ideale Begleiter und bildet mit dem deutschen Kontrabassisten Hagen Neye und dem Drummer Christian Norz aus Österreich eine vorzügliche Rhythmusgruppe, während die Trompetet des Franzosen Octave Moritz, der die Band seit drei Jahren zum Quintett ergänzt und mit seinen Melodielinien einen wunderbaren Gegenpart zur Stimme Julie Fahrers bildet oder sie unterstützt und ergänzt.
Steff Rohrbach, Basel im August 2016